Die Einführung von 5G liegt noch in weiter Ferne: Verwenden Sie gebrauchsfertige LTE-4G-Module für die IoT-Messdatenerfassung und -Steuerung aus der Ferne
Zur Verfügung gestellt von Nordamerikanische Fachredakteure von DigiKey
2019-04-02
Entwickler von IoT-Anwendungen wie die Messdatenerfassung und Steuerung aus der Ferne suchen nach der optimalen Lösung für die allgegenwärtige kostengünstige drahtlose Kommunikation mit hoher Reichweite und geringer Leistungsaufnahme. Drei besonders heikle Anforderungen sind: hohe Zuverlässigkeit, geringe Latenz und minimale Interferenzen. 5G soll diese Kriterien erfüllen; bis zu dessen Einführung können jedoch 4G-LTE-Mobilfunknetze genutzt werden, die bereits flächendeckend verfügbar sind.
Zu den Anwendungen für die Messdatenerfassung und Steuerung aus der Ferne zählen die globale Asset-Überwachung und -Nachverfolgung, Zählerstanderfassung, Vernetzung von Maschinen sowie die präventive Wartung großer Anlagen unter freiem Himmel. Zu Letzteren zählen Raffinerien, chemische Anlagen und Tagebaue, Smart-City-Infrastruktur, die Überwachung von Wearables und medizinischen Heimgeräten sowie die digitale Landwirtschaft.
Gegenwärtig wir zwar viel über die von verschiedenen Anbietern geplante Einführung von 5G-Netzwerken in bestimmten Regionen gesprochen, auf absehbare Zeit wird jedoch noch der 4G-Mobilfunk dominieren. Daher müssen Entwickler bei der Wahl der verwendeten IoT-HF-Schnittstellen pragmatisch vorgehen. Das geht über die Wahl des Funkmoduls hinaus und erstreckt sich hin bis zu eingehenden Überlegungen im Hinblick auf das Ökosystem, das benötigt wird, damit Mobilfunk-IoT in der Praxis funktioniert. Entscheidende Elemente des Ökosystems sind die Software-Stacks, die Mobilfunkinfrastruktur und darüber hinaus die Datenpläne und Abrechnungssysteme der Betreiber, die für die Gewährleistung einer flächendeckenden Mobilfunkabdeckung für die IoT-Nutzung erforderlich sind.
Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über Mobilfunk-IoT-Anwendungen und die für die Realisierung dieser Anwendungen erforderliche Embedded-Technologie. Ausführlich erläutert werden zudem die Verwendung der aktuellsten Hardware- und Softwaretechnologie sowie die verfügbaren Ressourcen, mit deren Hilfe sich Mobilfunk-IoT-Lösungen für die verschiedenen oben genannten Anwendungen entwickeln lassen. Ferner enthält der Artikel Informationen zu verfügbaren Datenplänen.
Warum nicht 5G?
Trotz vieler Fortschritte ist die Entwicklung der 5G-Netzwerk- und -Gerätestandards noch nicht komplett abgeschlossen. Und selbst wenn, wird es noch einige Jahre dauern, bis standardisierte 5G-Netze und -Geräte gebaut und implementiert wurden. Seit nunmehr 2011 sind 4G-LTE-Netze im kommerziellen Betrieb und können die von den meisten IoT-Anwendungen geforderte Leistung und Reichweite bieten.
Zumindest einer Schätzung zufolge machen 4G-LTE-Netze rund 40 % des gegenwärtigen Mobilfunkmarktes aus; ältere 2G- und 3G-Netzwerke haben noch einen Marktanteil von circa 30 %. Man schätzt, dass der Anteil der 5G-Netze am Gesamtmarkt auch 2025 erst bei maximal 15 % liegen wird. Vor diesem Hintergrund sollten Entwickler von IoT-Systemen, die auf eine große Reichweite und eine geringe Leistungsaufnahme angewiesen sind, die vorhandene Mobilfunkinfrastruktur nutzen und sich an 4G LTE und ältere Standards halten. Diese sind zum einen vorhanden und werden zum anderen – wie im Fall von 4G LTE – mit Blick auf die Anforderungen des IoT sogar weiterentwickelt.
Weiterentwicklung von LTE für das IoT
Mit Version 13 des LTE-Standards des 3GPP (Third Generation Partnership Project) wurden neue LTE-Kategorien für IoT-Anwendungen definiert: Kategorie M1 (Cat-M1), vormals eMTC (enhanced Machine Type Communication) und Kategorie NB1 (Cat-NB1), vormals Narrowband-IoT (NB-IoT). Diese neuen Kategorien erweitern LTE für IoT, weil sie die Unterstützung für eine geringe Leistungsaufnahme, längere Reichweite, geringere Latenz und niedrigere Kosten sowie – dank des Betriebs in lizenzierten Frequenzbändern – minimale Interferenzen ermöglichen.
Cat-M1 definiert eine Kanalbreite von 1,4 MHz und einen Durchsatz von 375 Kilobit pro Sekunde (kbit/s) für den Uplink und 300 kbit/s für den Downlink. Cat-NB1 definiert eine viel schmalere Kanalbreite von 200 Kilohertz (kHz) mit einem Durchsatz von Kilobit pro Sekunde im zweistelligen Bereich. Die Latenz von Cat-M1 liegt bei 10 bis 15 Millisekunden; bei Cat-NB1 wird sie in Sekunden gemessen und kann in bestimmten Bereitstellungsszenarien bis zu 10 Sekunden betragen.
Diese Leistung ist ausreichend für viele IoT-Messwerterfassungsanwendungen wie Verbrauchszähler, Überwachungsgeräte für den Gesundheitszustand und hochgradig mobile Fitness-Anwendungen, die von der großen Reichweite und der allgegenwärtigen Präsenz von Mobilfunknetzen profitieren können. Gegenwärtig und auf absehbare Zeit bietet keine andere Funktechnik mit geringer Leistungsaufnahme und großer Reichweite die Skalierbarkeit, Sicherheit und Langlebigkeit der etablierten 4G-LTE-Netzwerke.
Anbindung an die Cloud
Mehrere Hersteller bieten bereits Module an, die entweder selbst als Mobilfunkmodem fungieren oder ein Mobilfunkmodem in eine Embedded-Entwicklungsplattform integrieren. Diese Module binden IoT-Geräte über 4G-LTE-Mobilfunknetze (oder ältere Standards) an die Cloud an. Ein Hardwaremodul allein kann jedoch kein IoT-Gerät an die Cloud anbinden. Dafür werden zusätzlich geeignete Software und eine verwaltete Verbindung zu einem Mobilfunkanbieter benötigt. Fehlt eines dieser drei Elemente, gibt es keine Vernetzung.
Die Wahl zwischen Mobilfunk-IoT-Modulen mit und ohne Anwendungsprozessoren hängt davon ab, ob das Hardwaredesign des Projekts von Grund auf neu entwickelt oder ein bestehendes Embedded-Design um eine Mobilfunk-IoT-Anbindung ergänzt wird. Im Folgenden finden Sie einen kleinen Überblick über einige 4G-LTE-Modems und -ICs mit und ohne integrierte Anwendungsprozessoren.
Das LPWA-Modul AirPrime WP7702 (Low Power Wide Area) von Sierra Wireless beinhaltet ein Subsystem zur Anwendungsverarbeitung sowie ein Mobilfunkmodem in einem kleinen Gehäuse, das 22 x 23 x 2,5 mm misst. Das Modul entspricht dem 3GPP-Standard in Version 13 und implementiert das Cat-M1- sowie das Cat-NB1-Protokoll. Seine Cat-M1-Spitzendatenraten liegen bei 300 kbit/s im Downlink und 375 kbit/s im Uplink. Seine Cat-NB1-Spitzendatenraten bewegen sich im Bereich von 27 kbit/s im Downlink und 65 kbit/s im Uplink.
Abbildung 1: HF-Modul AirPrime WP7702 von Sierra Wireless mit einem Anwendungsprozessor und Unterstützung für die Mobilfunkprotokolle Cat-M1 und Cat-NB1. (Bildquelle: Sierra Wireless)
Als Ergänzung für seine AirPrime-HF-Module bietet Sierra Wireless die integrierte Entwicklungsumgebung (IDE) Developer Studio. Sie basiert auf der Eclipse Java IDE und ermöglicht es, Anwendungen mit dem Open-Source-Anwendungsframework Legato zu entwickeln, das eine intuitive grafische Benutzeroberfläche (GUI) bietet und unter Windows, Linux und MacOS läuft. Bestandteil des Tools sind Dienstprogramme und Funktionen, die sich in den verschiedenen Phasen des Entwicklungszyklus nutzbringend zur Unterstützung der Entwicklung von Anwendungssoftware für Mobilfunkanwendungen einsetzen lassen.
Legato kombiniert eine Linux-basierte OS-Distribution (die auf dem integrierten 1,3 GHz Arm®-Cortex®-A7-Prozessor des WP7702-Moduls läuft), ein Board-Support-Paket (BSP) und individuelle Entwicklungstools, die auf einem Host-PC laufen. Zudem bietet Sierra Wireless die AirVantage-IoT-Plattform, ein Self-Service-Portal, das Vernetzung und Gerätemanagement für zahlreiche Mobilfunkmodems von Sierra Wireless mit Anbindung an eine Reihe verschiedener weltweit tätiger Mobilfunkanbieter bietet. Dazu gehören AT&T, Verizon, NTT, Telstra, KT und SKT. Darüber hinaus automatisiert AirVantage die Firmware-Updates für Modems von Sierra Wireless über die Funkverbindung.
Talon Communications, Inc. integriert das WP7702-Modul von Sierra Wireless in eine Trägerplatine, die gleichzeitig als Entwicklungsplattform dient. Zusammen bilden das WP7702-Modul und die Trägerplatine die Evaluierungskarte mangOH Red™, die über eine eigene Aufnahme für eine Mikro-SIM-Karte verfügt (die für die Nutzung eines Mobilfunknetzes benötigt wird). Die Plattform mangOH Red führt viele der Schnittstellen-Pins des WP7702-Moduls zu Anschlüssen, darunter drei Antennenanschlüsse, zwei Mikro-USB-Anschlüsse, ein USB-Host-Port in Standardgröße, eine Stiftleiste mit I2C-, SPI-, UART- und GPIO-I/O-Stiften sowie eine 3,5-mm-Stereo-Ausgangsbuchse.
Abbildung 2: Die Entwicklungskarte mangOH Red unterstützt die Anwendungsentwicklung für das HF-Modul WP7702 von Sierra Wireless. (Bildquelle: Talon Communications)
Über den USB-Host-Port der mangOH Red lässt sich die Entwicklungsplattform zur Entwicklung von Software an einen Hostcomputer anschließen. Mit dem Laden des entsprechenden Windows-Treibers und der Installation des Legato Developer Studio von Sierra Wireless ist die Einrichtung der Entwicklung für Mobilfunk-IoT-Anwendungen mit dem WP7702-Modul abgeschlossen.
Das SARA-R410M-02B von u-blox ist ein ultrakompaktes LTE-Cat-M1- und -Cat-NB1-HF-Transceiver-Modul, das gerade einmal 16 x 26 x 2,5 mm misst und in einem LGA-Gehäuse mit 96 Pins geliefert wird.
Dieses Transceiver-Modul lässt sich über seine USB- oder UART-Schnittstelle an einen Host-Prozessor anschließen und wird von diesem über einen vom 3GPP definierten string-orientierten AT-Befehlssatz gesteuert. Zudem verfügt das SARA-R410M-02B über eine SIM-Kartenschnittstelle für die Identifizierung beim Netzbetreiber.
Abbildung 3: Das HF-Transceiver-Modul SARA-R410M-02B von u-blox implementiert ein komplettes Cat-M1- und Cat-NB1-Funk- und Basisband und lässt sich an einen Host-Controller anschließen. (Bildquelle: u-blox)
Das Evaluierungskit EVK-R4 von u-blox schließt die I/O-Pins des u-blox-Moduls SARA-R410M ein und bietet die entsprechenden Anschlüsse. Über sie kann das Modul an Antennen, die Stromversorgung und einen Host-Prozessor angeschlossen werden. Zudem verfügt es über eine eigene SIM-Kartenaufnahme und akzeptiert eine GNSS-Tochterkarte (Global Navigation Satellite System). Bei Tracking-Anwendungen werden GNSS-Geräte häufig mit Mobilfunk-Modulen gepaart. (Weitere Informationen zu GNSS-Geräten und -Modulen finden Sie in „Schnelle Entwicklung von Standortverfolgungssystemen mithilfe von GNSS-Modulen“ und „Schnelle Erfassung und hohe Genauigkeit für Tracking-Anwendungen mit kostengünstigen GNSS-Modulen“.)
Abbildung 4: Das Entwicklungskit EVK-R4 von u-blox bietet Anschlüsse für die I/O-Pins des Moduls SARA-R410M, um die Entwicklung zu vereinfachen. (Bildquelle: u-blox)
Hologram, Inc. montierte das u-blox-Modul SARA-R410M auf eine kleine USB-Karte. So entstand das HOL-NOVA-R410. Dieses System bietet einen schnellen Weg, bestehende Produkte mit USP-Ports um LTE-Cat-M1- und -Cat-NB1-HF-Transceiver-Fähigkeiten zu ergänzen.
Abbildung 5: Beim NOVA-R410 von Hologram Inc sitzt ein Mobilfunk-HF-Modem des Typs SARA-R410M von u-blox auf einem kleinen USB-Träger. So lassen sich mit USB ausgestattete Systeme auf einfache Weise um die IoT-HF-Datenübertragung über lange Strecken ergänzen. (Bildquelle: u-blox)
Das SiP (System-in-Package) nRF9160 von Nordic Semiconductor umfasst einen Anwendungs-Mikrocontroller, ein vollständiges LTE-Modem, ein Transceiver-Frontend sowie eine Energieverwaltung – und das in einem Paket, das gerade einmal 10 x 16 x 1 mm misst. Das Modul bietet GPS-Unterstützung, um das Asset-Tracking zu ermöglichen. Die Kombination von Standortdaten aus dem Mobilfunknetz mit GPS-Satelliten-Trilateration ermöglicht die Fernüberwachung der Geräteposition.
Der Anwendungsprozessor des nRF9160 ist ein mit 64 MHz getakteter Arm-Cortex-M33, der mit 256 KB statischem RAM und 1 MB Flash-Speicher kombiniert ist. Das 4G-LTE-Modem des Moduls implementiert das Cat-M1- und Cat-NB1-Protokoll nach 3GPP-Standard in Version 13 sowie das Cat-NB1- und Cat-NB2-Protokoll nach Standard in Version 14.
Das Entwicklungskit nRF9160-DK von Nordic Semiconductor für das nRF9160-Modul umfasst ein auf eine Trägerkarte montiertes nRF9160-Modul.
Abbildung 6: Entwicklungskit nRF9160-DK von Nordic Semiconductor mit Anschlüssen für die Pins eines nRF9160-Mobilfunkmoduls für die Entwicklungsarbeit und umfassender Software-Unterstützung. (Bildquelle: Nordic Semiconductor)
Das Software-Entwicklungskit (SDK) umfasst:
- das skalierbare Echtzeitbetriebssystem Zephyr Project (RTOS) für das nRF9160
- den sicheren Bootloader MCUboot
- die unabhängigen nrfxlib-RTOS-Bibliotheken
Ein Blockdiagramm des Entwicklungskits nRF9160-DK zeigt die unterstützenden Komponenten, die ein nRF9160 u. U. benötigt.
Abbildung 7: Das Blockdiagramm für das Entwicklungskit NRF9160-DK von Nordic Semiconductor zeigt die unterstützenden Komponenten, die ein Mobilfunk-IoT-SiP nRF9160 u. U. benötigt. (Bildquelle: Nordic Semiconductor)
Nordic empfiehlt die Verwendung der Embedded Studio IDE von Segger Microcontroller Systems für die Entwicklung von nRF9160-Anwendungen. Eine Spezialversion von Segger Embedded Studio wird zur Verwendung für Geräte von Nordic Semiconductor wie dem SiP nRF9160 kostenlos zur Verfügung gestellt.
Eine Anmerkung zu Datenplänen
Bevor ein Gerät im Netz eines Betreibers bereitgestellt wird, muss es zunächst einen Qualifizierungsprozess durchlaufen, um zu gewährleisten, dass es die Anforderungen des Betreibers in Bezug auf Bänder und Interferenzen erfüllt. Zuvor muss der Entwickler einen geeigneten Datenplan auswählen und die langfristigen Kosten dieses Datenplans einberechnen. Zur Unterstützung dessen ist hier eine Liste mit verfügbaren IoT-Mobilfunk-Datenplänen abrufbar.
Fazit
Die Mobilfunk-IoT-Landschaft wandelt sich rasant, vor allem durch die bevorstehende Einführung von 5G-Mobilfunktechnologien. HF-Module für Mobilfunk-IoT-Anwendungen gibt es bereits, für den praktischen Einsatz benötigen sie jedoch die Unterstützung eines entsprechenden Ökosystems. Dieses Ökosystem schließt die Software-Entwicklungswerkzeuge, -Stacks und -Bibliotheken ein, die nötig sind, um die Halbleiter- und Modullösungen zu einem in der Praxis nutzbaren Produkt machen. Bis zur flächendeckenden Verfügbarkeit von 5G werden Module auf Basis von 4G LTE noch für viele Jahre eine gangbare Lösung für die IoT-Messdatenerfassung und -Steuerung aus der Ferne bilden.

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