Kaffee, nanoPower und Bausteine für neue intelligente Energienetze

Von David Andeen, Director, Applications, Core Products Group, Maxim Integrated

Es war 2011, als wir erstmals von Smart Energy hörten. In Nordamerika begannen Versorgungsunternehmen damit, intelligente Zähler zu installieren. In Brasilien gab es große Aufregung, als die Regulierungsbehörde ANEEL den Aufbau eines landesweiten Netzes zur intelligenten Verbrauchsmessung forderte. In Europa entwickelten verschiedene Stromversorger ihre individuellen Methoden zur Kommunikation mit intelligenten Zählern.

Hinzu kamen noch Lösungen im Bereich Home Area Network (HAN), die von mehreren Unternehmen angeboten wurden. Man träumte von Energiemesseinrichtungen in jeder Waschmaschine, jedem Trockner, jedem Kühlschrank und sogar in jeder Glühlampe! Jedes Gerät sollte ganz unkompliziert mit dem hauseigenen Router kommunizieren – über ZigBee, Bluetooth oder ein anderes energiesparendes Protokoll zur Nahbereichskommunikation.

Jetzt, 2017, sind intelligente Zähler bereits in Nordamerika und vielen Ländern Europas und Asiens weit verbreitet. Über diese Zähler überwachen die Versorger den Stromverbrauch. Sie bedeuten gleichzeitig den Abschied vom teuren Einsatz der menschlichen Stromableser, die von Haus zu Haus zogen, um jeden Stromzähler einzeln abzulesen. Doch die Vision eines allumfassenden Smart-Energy-Systems ist längst überholt. Die Energiemessung in jeder Glühlampe hat sich nicht durchgesetzt, wahrscheinlich aufgrund der hohen Kosten derartiger Systeme im Vergleich zu den geringen Energiekosten zum Betrieb einer Lampe. Dieser Rückgang der Energiekosten wurde auch durch verbrauchsarme Lichtquellen ermöglicht, zum Beispiel durch kompakte Leuchtstofflampen und LEDs. Vielleicht sind hier unserem Wunsch nach Datenerfassung angesichts der damit verbundenen Kleinteiligkeit einfach Grenzen gesetzt. Doch es gibt keinen Grund zur Verzweiflung: Auch wenn diese eine Vision von Smart Energy nicht zur Realität wurde, haben viele wunderbare technische Fortschritte ganz neue Visionen ermöglicht.

Ein tolles Beispiel hierfür ist – Kaffee! Noch vor zehn Jahren bereiteten die meisten Menschen und Restaurants in Nordamerika ihren Kaffee in einer Glas- oder Porzellankanne zu, die dann auf einer Warmhalteplatte stand. Diese Heizplatten verbrauchten nicht nur eine Menge Energie, sondern sie ließen den Kaffee auch immer weiter köcheln, was seinen Geschmack ruinierte. Dann hatte jemand die tolle Idee, den Kaffee in Thermoskannen zu füllen, die einfach die Wärme des Kaffees nicht entweichen lassen. Mit diesem Schritt ging der Kaffee „offline“, denn er war ab jetzt nicht mehr mit dem Stromnetz verbunden. Für das Kaffeekochen wird nun viel weniger Energie verbraucht, und der Kaffee schmeckt auch noch viel besser. Was für ein tolles Beispiel für intelligente Energienutzung, also Smart Energy!

Der Kaffee soll uns aber nur als Beispiel für andere Konzepte dienen, wie Systeme entwickelt werden, die sowohl die Leistung maximieren als auch Energie sparen. Zu diesen fortschrittlichen Konzepten zählt auch nanoPower. Das nanoPower-Konzept beschreibt den Stromverbrauch bestimmter Teile in ihrem Ruhezustand, wenn sie nicht in Betrieb, aber auch nicht komplett abgeschaltet sind. Neuere Produkte, bei denen die Vorteile modernster analoger CMOS-Prozesstechnologie genutzt werden, arbeiten mit nahezu unmessbaren Strömen im Nanoampere-Bereich. Die wesentliche Energieeinsparung ergibt sich erstens aus dem Zyklusbetrieb dieser Systeme und zweitens aus der Dezentralisierung der Stromverbrauchsarchitektur. Nachfolgend haben wir drei Beispiele für Bausteine und Schaltungen vorgestellt, mit denen sich die nanoPower-Vorteile realisieren lassen.

Rauchmelder zählten zu den ersten Geräten im Internet der Dinge (IoT). Sie sollen möglichst zehn Jahre lang mit ein und derselben Batterie betrieben werden, damit die Batterie nicht so häufig gewechselt werden muss und die Geräte auch bei Stromausfällen betriebsbereit sind. Abbildung 1 zeigt einen typischen modernen Rauchmelder, bestehend aus einer Batterie, mehreren DC/DC-Wandlern, einem Mikrocontroller, HF-Kommunikationseinrichtungen, einem Sensor (der eine Vielzahl von Architekturen haben kann) und einem Piezo-Summer. Die Tabelle in Abbildung 1 zeigt Beispielwerte des Stromverbrauchs für jeden Block, ausgehend von modernen Komponenten. Bei optischen Rauchsensoren liegen die Spitzenströme zum Betrieb der LEDs im mA-Bereich, doch der durchschnittliche Strom sinkt, da die LEDs typischerweise relativ selten eingeschaltet werden. Bei den meisten Rauchmeldern untersucht die aktive Schaltung die Luft nur in 0,05 % der Zeit, was bedeutet, dass das System in 99,95 % der Zeit im Ruhemodus arbeitet. Abzüglich der HF-Schaltung, die nach einem ganz anderen Taktzyklus arbeiten kann, würden die Hauptschaltungen im Vollbetriebsmodus 12,6 mA verbrauchen. Während der Ruheperioden würde der Hauptstromkreis 5,5 μA verbrauchen. Der Durchschnittsstromverbrauch durch die aktive Schaltung beträgt 12,6 mA x 0,0005 = 6,3 µA; der durchschnittliche Gesamtverbrauch (Ruheperioden + Aktivperioden) liegt also bei 11,8 µA. Nun wirkt sich aber jeder Ruhestrom über 1 µA negativ auf die Batteriebetriebszeit des Systems aus. Im Bereich des Stromverbrauchs von ca. 10 µA bewirkt jedes zusätzliche µA Strom eine Verringerung der Batterielebensdauer um 1500 mAh pro Jahr.

Schaltbild eines typischen modernen Rauchmelders

Komponente Typischer Betriebsstrom Typischer Ruhestrom
Mikrocontroller 10 mA 2,5 µA
Sensor 1 mA 2,5 µA
DC/DC* 1,6 mA 500 nA
*DC/DC-Stromverbrauch basierend auf einem Ausgangsstrom von 15 mA mit einem Wirkungsgrad von ca. 90 %.

Abbildung 1: Ein typischer moderner Rauchmelder wird die meiste Zeit im Ruhezustand betrieben. Je niedriger also der Ruhestrom ist, desto besser ist das für die Lebensdauer der Batterie.

Ein weiterer Vorteil von nanoPower hat mit der Fähigkeit zum Abschalten von Schaltungen innerhalb des Systems zu tun. Bei dieser Art von Architektur bleiben kritische Komponenten wie Batterieüberwachung und Echtzeituhren eingeschaltet, während die großen Stromverbraucher, wie etwa der Mikrocontroller und die HF-Schaltungen, entweder abgeschaltet oder in ihren Modus mit dem geringsten Stromverbrauch versetzt werden. Die Schaltung in Abbildung 2 zeigt einen nanoPower-Fensterkomparator zur Überwachung einer Batteriespannung. Der Komparator gibt nur dann einen Alarm aus, wenn die Batterie über oder unter dem zulässigen Spannungsbereich liegt. Er bietet damit eine wertvolle Sicherheitsfunktion und verlängert die Lebensdauer der Batterie. Der Mikrocontroller des Systems muss nur betrieben werden, wenn er einen Alarm vom Komparator empfängt, der mit einem typischen Strom von 900 nA betrieben wird. Im Wesentlichen ist das bereits eine Smart-Energy-Architektur: Es wird so viel Energie wie möglich gespart, und gleichzeitig werden bestimmte Schaltungen für Funktionen ausgenommen, die immer aktiv bleiben müssen.

Schaltbild eines nanoPower-Fenster-Komparators zur Überwachung einer Batteriespannung

Abbildung 2: Ein nanoPower-Fenster-Komparator zur Überwachung einer Batteriespannung

Ein letztes Beispiel ist eine Stromversorgung über eine „Wandwarze“ oder Batterie, auch bekannt als Netzteil mit ORing-Diode. Bei solchen Netzteilen platzieren gute Designer eine Schottky-Diode in Reihe mit der Batterie, um den Spannungsabfall und somit die Verlustleistung über die Diode zu begrenzen, während der Stromkreis weiterhin geschützt bleibt (Abbildung 3). Zum Beispiel begrenzt die neue MAX40200 von Maxim den Spannungsabfall auf lediglich 85 mV bei einer Stromaufnahme von immerhin 1 A, und bei 500 mA fällt die Spannung in der Regel nur um 43 mV ab. Das bedeutet gegenüber einer herkömmlichen Schottky-Diode eine Verbesserung um das Zwei- bis Vierfache und spart wiederum Dutzende bis Hunderte von Milliwatt Energie in einer intelligenten Art und Weise.

Schaltbild des MAX40200 von Maxim

Abbildung 3: Die MAX40200 begrenzt den Spannungsabfall auf lediglich 85 mV bei einer Stromaufnahme von immerhin 1 A.

Und was hat das alles mit Kaffee zu tun? Wie beim Kaffee gilt: Die Architektur verändert sich. Verschiedene Subsysteme werden im Wesentlichen vom zentralen Prozessor getrennt und regelmäßig wieder angemeldet, was den Energieverbrauch des Gesamtprozesses drastisch senkt. Moderne Prozessortechnik und analoge Architektur sorgen dafür, dass diese Bausteine nun beispiellos niedrige Mengen an Energie verbrauchen. Bei der neuen Smart-Energy-Bewegung geht es um mehr als nur Energiemessung und Kommunikation. Das neue Smart-Energy-Konzept umfasst die Kombination aus intelligenter Systemarchitektur und hochmodernen Komponenten zur Verlängerung der Batteriebetriebszeit des Systems und zur Verbesserung der Zuverlässigkeit. Gleichzeitig werden damit völlig neue Anwendungen ermöglicht.

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Über den Autor

David Andeen, Director, Applications, Core Products Group, Maxim Integrated