Lösungen für die analoge Hochspannungsversorgung mittels Bootstrap-Schaltung
Zur Verfügung gestellt von Nordamerikanische Fachredakteure von DigiKey
2019-10-01
Das Bereitstellen von analogen Spannungen mit Hunderten von Volt, die automatisierte Testgeräte oder Präzisionssteuersysteme häufig benötigen, stellt eine besondere Herausforderung dar. Herkömmliche Operationsverstärker können den hohen Ausgangsspannungshub nicht liefern, während diskrete Verstärkeralternativen ein hohes Maß an Optimierung erfordern und auf der Leiterplatte mehr Platz beanspruchen.
Es gibt jedoch noch eine weitere Option: eine Bootstrap-Schaltung mit einer Kombination aus einem Rail-to-Rail-Hochspannungs-Operationsverstärker mit einem Transistorpaar, das hohen Durchbruchspannungen standhält.
In diesem Artikel werden die vorhandenen Probleme mit hohen Analogspannungen und die gebräuchlichen Methoden zu ihrer Lösung beschrieben. Anschließend wird gezeigt, wie eine Bootstrap-Schaltung durch Verwendung eines Hochspannungs-Präzisionsverstärkers von Analog Devices zusammen mit Hochspannungs-MOSFETs von Microchip Technology und Infineon Technologies realisiert wird.
Sie werden zu einer präzisen Hochleistungslösung kombiniert, die den doppelten Nennsignalbereich des Verstärkers erzielt und gleichzeitig bei minimalem Platzbedarf auf der Platine höhere Leistungen bietet.
Auslegungsmöglichkeiten für hohe analoge Spannungen
Einige Anwendungen erfordern einen Ausgangsspannungshub, der höher ist, als ihn die typischen monolithischen Hochspannungs-Operationsverstärker erzeugen können. Mit einem Verstärkerdesign unter Verwendung diskreter Transistoren kann ein großer Spannungshub erzeugt werden. Dieser Designansatz ist sehr flexibel, da der Verstärker an die jeweils spezifische Anwendung angepasst werden kann. Diskrete Transistordesigns benötigen jedoch mehr Teile und erhöhen den Aufwand für den Konstrukteur. Aufgrund der Kombination von Bausteinen und wegen der Temperaturgradienten ist es auch schwierig, in diskreten Designs die nötige Präzision zu erzielen.
Eine Alternative zum diskreten Hochspannungsverstärker ist das Hochspannungs-Operationsverstärkermodul. Solche Module erleichtern dem Designer die Arbeit spürbar. Ein Hochspannungsmodul ist häufig ein Hybridmodul, das sowohl Hochspannungs- als auch Hochleistungsbetrieb ermöglicht. Der Vorteil dieser Module gegenüber diskreten Designs besteht darin, dass sie eine werkseitig vorgegebene Leistung haben. Solche Spezifikationen verringern zwar den Charakterisierungsaufwand des Designers, doch diese Hybridmodule haben ihren Preis. In der Regel können monolithische Hochspannungs-Operationsverstärker die meisten Leistungsanforderungen eines Designs erfüllen.
In Fällen, in denen dies nicht möglich ist, eröffnen sich durch das Bootstrapping der Spannungsversorgung eines monolithischen Operationsverstärkers eine Reihe von Optionen für Operationsverstärker mit zahlreichen Lösungsmöglichkeiten. Hierbei wird die Spannungsversorgung des monolithischen Verstärkers über seine Spezifikation hinaus erweitert. Auch wenn Bootstrapping-Strategien mehr Aufwand erfordern, ist die Lösung im Vergleich zu den Hochspannungsmodulen deutlich kostengünstiger. Dies ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass es eine Vielzahl von monolithischen Operationsverstärkern gibt, die nach Werkspezifikation über eine ausreichende Leistung verfügen. Beachten Sie, dass die DC-Spezifikationen des Verstärkers, wie Spannungsoffset, Eingangsspannungshub und Ausgangsspannungshub, durch Bootstrapping nicht beeinflusst werden.
Bootstrapping-Techniken der Spannungsversorgung
Die Bootstrapping-Konfiguration steuert die Versorgungsspannungen eines Geräts im Verhältnis zu seiner Ausgangsspannung. Die Bootstrap-Schaltung besteht aus einem Paar diskreter Transistoren und einem Vorspannungsnetzwerk aus Widerständen (Abbildung 1).
Abbildung 1: Vereinfachte Bootstrapping-Schaltung mit Hochspannungsfolger (High Voltage Follower) mit festen Systemversorgungsspannungen +VS und -VS. Die Versorgungsspannungen VCC und VEE der Bausteine ändern sich in Abhängigkeit von der Ausgangsspannung VOUT. (Bildquelle: Bonnie Baker, basierend auf Material von Analog Devices)
Bei vielen Hochspannungsverstärkern ist eine Bootstrap-Spannungsversorgung überflüssig. Zum Beispiel ist der in der Abbildung gezeigte Operationsverstärker ADHV4702-1BCPZ mit 10 Megahertz (MHz) von Analog Devices eine ±110-Volt-Spannungsversorgung, die für die meisten Hochspannungsanwendungen ausreicht. Wenn das System jedoch noch höhere Spannungen benötigt, kann der Betriebsbereich dieser Schaltung mit dem Bootstrap-Ansatz leicht verdoppelt werden.
Zur Realisierung des Bootstrapping wird der N-Kanal-MOSFET IRFP4868PBF von Infineon Technologies als Q1 verwendet. Dieser Baustein hat eine Durchbruchspannung von 300 Volt und einen maximalen ID von 70 A. Als Q2 dient der P-Kanal-MOSFET TP2435N8-G von Microchip Technology. Dieser hat eine Durchbruchspannung von 350 Volt.
Der Präzisionsverstärker ADHV4702-1 in Abbildung 1 hat einen Versorgungsspannungsbereich von ±12 Volt bis ±110 Volt. Bei einer Versorgungsspannung von ±110 V liegt der typische Ausgangsspannungsbereich von ±108,5 V. Mit einer ±VS von ±300 Volt ist diese Bootstrap-Schaltung die Basis für einen Verstärker, der einen Ausgangsspannungshub von ±120 Volt oder mehr erreichen kann.
Bei diesem Bootstrap-Konzept, auch als „Flying Rails“ bezeichnet, wird die Versorgungsspannung des Verstärkers kontinuierlich so angepasst, dass sie symmetrisch zur Ausgangsspannung VOUT des Verstärkers bleibt. So wird die Ausgangsspannung innerhalb des Bereichs der Versorgungsspannung gehalten. In der Bootstrap-Folgeschaltung halten die Spannungsteiler-Widerstände (RBOT und RTOP) die Differenz zwischen VCC und VEE konstant bei ±90 Volt, während der Verstärkerausgangsbereich bei ±200 Volt liegt. Eine Spice-Simulation veranschaulicht dieses Phänomen der schwebenden Spannnungsversorgung (Abbildung 2).
Abbildung 2: Eine Spice-Simulation veranschaulicht das Phänomen der schwebenden Spannungsversorgung, wobei die Differenz der Versorgungsspannungen des Verstärkers (Differenz zwischen VCC und VEE) bei etwa ±90 Volt bleibt, während der Verstärkerausgangsbereich ±200 Volt beträgt. (Bildquelle: Bonnie Baker)
In Abbildung 2 ist VOUT gleich VIN, RTOP beträgt 45 Kiloohm (kΩ) und RBOT 20 kΩ. RTOP ist der Widerstand, der den externen Versorgungen (+VS und -VS) am nächsten liegt, und RBOT ist der Widerstand, der dem Ausgang des Operationsverstärkers am nächsten liegt (VOUT). Beachten Sie, dass die Spannungen VCC und VEE in Abbildung 2 +VS (300 Volt) und -VS (-300 Volt) erreichen. Schaltungsverzerrung tritt auf, wenn das Ausgangssignal (VOUT) die Spannungen VCC und VEE auf den Wert +VS bzw. -VS oder darüber hinaus zwingt.
Bootstrapping bietet bei jedem Operationsverstärker eine hohe Signalleistung. Die Anstiegsgeschwindigkeit des Verstärkers wirkt sich jedoch auf die dynamische Leistung dieser Hochspannungskonfiguration aus. In Abbildung 1 wird die Fähigkeit von VCC und VEE, auf ein dynamisches Signal zu reagieren, durch die Anstiegsgeschwindigkeit des Operationsverstärkers begrenzt. Bootstrapping-Verstärker eignen sich am besten für Niederfrequenz- und Gleichstromanwendungen, bei denen sich die Versorgungsspannungen langsam bewegen.
Implementierung des Bootstrap-Designs
Das Bootstrap-Design für Operationsverstärker-Spannungsversorgungen erfolgt in drei Schritten:
- Kompromiss zwischen Verlustleistung des Verstärkers und des MOSFETs bewerten
- Maximalen Ausgangsspannungshub des Verstärkers bestimmen und Versorgungsspannung des Verstärkers zuweisen
- Anforderungen an die Leistung der Widerstände berücksichtigen
In Abbildung 1 wird die Verlustleistung zwischen Operationsverstärker und MOSFET-Drain-Source aufgeteilt. Verstärker und MOSFET haben eine Spannungsversorgung innerhalb eines bestimmten Betriebsbereichs. Es ist verlockend, den Verstärker mit niedrigeren Spannungen zu betreiben. Jedoch kann dadurch der MOSFET zu sehr belastet werden. Die gesamte Verlustleistung wird zwischen dem Verstärker und den MOSFETs aufgeteilt.
Das Widerstands-Spannungsteilernetzwerk wird durch die Beziehung zwischen dem maximalen Ausgangshubbereich des Operationsverstärkers (±VOUT-MAX) und den Versorgungsspannungen des Operationsverstärkers (VEE, VCC) gemäß Gleichung 1 bestimmt.
Gleichung 1a
Wenn die nominale Versorgungsspannung des Operationsverstärkers ±100 Volt und der maximale Ausgangsspannungsbereich ±150 Volt beträgt, ist das Teilungsverhältnis daher gleich:
Gleichung 1b
Mit dieser Berechnung kann der Wert der Widerstände in dieser Anwendung auf einfache Weise bestimmt werden. Bei der Auswahl der Widerstände ist jedoch darauf zu achten, dass hohe Spannungen anliegen und dass die Widerstände möglicherweise erhebliche Verlustleistungen ableiten müssen. Wählen Sie die Werte der Widerstände so aus, dass die Wärmeableitung innerhalb der Grenzen der jeweiligen Nennwerte liegt.
In dem Beispiel erreicht RTOP 150 Volt und RBOT 100 Volt. Bei Verwendung von Widerständen mit ½ Watt Nennleistung wird die Verlustleistungsgrenze (V2/R) anhand Gleichung 2 berechnet:
Gleichung 2a
Gleichung 2b
Bei Verwendung eines Widerstands von 45 kΩ als begrenzenden Faktor für die Verlustleistung ergibt der RBOT-Wert eine Teilung von 2,5:1 mit einer Verlustleistungsgrenze am Ruhepunkt, die wie folgt berechnet wird:
Auswahl des MOSFET
Das Hauptkriterium für die Auswahl des MOSFETs ist die Durchbruchspannung. Diese Spannung muss der Vorspannungssituation im ungünstigsten Szenario (Worst Case) standhalten. Die Durchbruchspannung wird sichtbar, wenn der Ausgang gesättigt ist. Dies geschieht, wenn an einem der MOSFETs die maximale VDS und am anderen MOSFET die minimale VDS anliegt. Zum Beispiel beträgt die höchste absolute VDS ~300 Volt, was der VOUT-MAX (500 Volt) minus der gesamten Versorgungsspannung des Verstärkers entspricht (VCC - VEE = 200 Volt). Daher muss die Spannungsfestigkeit für die MOSFETs mindestens 300 Volt betragen. Außerdem muss die Berechnung der Verlustleistung sowohl für VDS als auch für den Betriebsstrom nach dem ungünstigsten Szenario vorgenommen werden. Entwickler müssen sicherstellen, dass die MOSFETs für diese Leistung ausgelegt sind.
Die Gatekapazität des MOSFET bildet mit den Vorspannungswiderständen einen Tiefpassfilter. MOSFETs mit höherer Durchbruchspannung neigen auch zu höheren Gatekapazitäten. In dieser Schaltung liegen die Vorspannungswiderstände in der Regel zwischen einigen zehn und einigen hundert kΩ. Bei diesen hohen Werten ist nicht viel Gatekapazität erforderlich, um die Schaltung zu verlangsamen.
Der Gatekapazitätswert des MOSFETs im Datenblatt (CGATE) und die parallele Kombination der Widerstände RTOP und RBOT bestimmen die Polfrequenz für den Tiefpassfilter gemäß Gleichung 3:
Gleichung 3
Vorsichtsmaßnahmen
Der Frequenzgang des Vorspannungsnetzwerks muss zehnmal schneller sein als das Eingangs- und das Ausgangssignal. Wenn das Vorspannungsnetzwerk die Schaltung verlangsamt, kann der Ausgang des Verstärkers seine Versorgungsspannung erhöhen. Der Eingang kann auch durch kurzzeitige Ausschläge außerhalb der Versorgungsspannung des Verstärkers beschädigt werden, während die Ausgangsspannung durch kurzzeitige Sättigung oder Anstiegsbegrenzung verzerrt werden kann. Diese Bedingungen können zu einem Verlust der Gegenkopplung, zu unvorhersehbarem Einschwingverhalten und möglicherweise zu einem Latch-up durch Phasenumkehr führen.
Leistung
Der Verstärker in der Stromversorgungs-Bootstrap-Schaltung kann für eine höhere nicht invertierende Verstärkung konfiguriert werden. Diese Bootstrap-Konfiguration für Operationsverstärker funktioniert genauso wie die jeder anderen Operationsverstärkerstufe. Hierbei muss eine nicht invertierende Konfiguration verwendet werden. Bei der Messung der DC-Linearität dominieren die Eigenschaften des Verstärkers das Ergebnis (Abbildung 3). Der Verstärker ist mit einer Verstärkung von 20 bei einem Spannungsversorgungsbereich von ±140 Volt konfiguriert.
Abbildung 3: Dargestellt ist der Verstärkungsfehler gegenüber der Eingangsspannung bei einer Verstärkung von 20 und einer Versorgungsspannung von ±140 Volt. (Bildquelle: Analog Devices)
Der Ausgang des Operationsverstärkers hat eine endliche Anstiegsgeschwindigkeit, wobei die Versorgungsspannung eine Funktion des Ausgangs ist. Am Eingang des Operationsverstärkers kann eine Step-Funktion den Versorgungsbereich des Operationsverstärkers überschreiten (Abbildung 4).
Abbildung 4: Anstiegsgeschwindigkeit mit einer Verstärkung von 20 und einem Spannungsversorgungsbereich von ±140 Volt. Am Eingang des Operationsverstärkers kann eine Step-Funktion den Versorgungsbereich des Operationsverstärkers überschreiten und ein Latch-up verursachen. Dies kann vermieden werden, wenn ein Tiefpassfilter auf den Eingangsknoten geschaltet wird. (Bildquelle: Analog Devices)
In Abbildung 4 beträgt die angegebene Anstiegsgeschwindigkeit des „ADHV4702-1“ 74 Volt pro Mikrosekunde (V/ms). Um den Latch-up-Zustand zu vermeiden, müssen Entwickler einen Tiefpassfilter auf den Signaleingangsknoten (VIN) schalten. Diese Anstiegsbegrenzungsschaltung reduziert die Transienten auf die Anstiegsgeschwindigkeit des Operationsverstärkers oder darunter. Zur Berechnung dient Gleichung 4:
Gleichung 4
Hierbei ist VSTEP die maximale Schrittweite der Signalquelle und SR die Anstiegsgeschwindigkeit des Operationsverstärkers.
Fazit
Eine exzellente Möglichkeit, hohe analoge Spannungen zu geringen Kosten und mit minimalem Platzbedarf auf der Platine zu erzielen, besteht in einer Bootstrap-Schaltung, die durch Kombination eines Rail-to-Rail-Hochspannungs-Operationsverstärkers mit einem Transistorpaar, das hohen Durchbruchspannungen standhält, realisiert wird. Mit dem Hochspannungs-Präzisionsverstärker ADHV4702-1 von Analog Devices sowie den Hochspannungs-MOSFETs von Infineon und Microchip kann eine präzise Hochleistungslösung dargestellt werden, die den doppelten Nennsignalbereich des Verstärkers abdeckt und gleichzeitig eine höhere Leistung liefert.

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