Flyover™-Kabel – unvermeidlich, aber nicht ganz einfach
Die meisten Designs kommen recht gut mit mehrschichtigen FR4-Platinen aus, aber wie Samtec auf der DesignCon 2019 gezeigt hat, muss die allerneuste Verbindungstechnik mit Signalübertragungsraten von 28 Gbit/s und darüber neu überdacht werden. Wie bei der Lösung von Samtec, kommt auch eine vollständige Umleitung der Signale über FlyoverTM-Kabel in Frage, bei der die Signale komplett von der Backplane weg zu Steckverbindern außerhalb des Systems geführt werden.
Mit den Flyover-Kabeln unterliegt die Signalleitung nicht mehr den Einschränkungen der Platinen. Mit den steigenden Signalübertragungsraten wird die Dielektrizitätskonstante der Platine zum Problem, und die Leiterbahnen müssen perfekt gestaltet und geführt werden, damit EMI/EMC sowie Kopplungen von Signalen und Übersprechen vermieden werden. Kürzlich wurde es durch die Umstellung von NRZ- auf PAM4-Codierung bei den neuesten Server-Backplanes sehr schwierig, die Anforderungen für Jitter und Rauschen bei sinnvollen Platinenlängen einzuhalten – trotz enormer Fortschritte bei der Charakterisierung und dem Abgleich von Kanälen (Abbildung 1).
Abbildung 1: Mit bis auf PAM4 (56 Gbit/s) und mehr ansteigenden Signalübertragungsraten werden Platinen teurer und weniger zuverlässig, sodass Flyover-Kabel eine Verbesserung darstellen. (Bildquelle: Samtec Inc.)
Das Flyover-Konzept wurde von Samtec für die Produktlinie FireFlyTM konzipiert. Dazu gehörte die Entwicklung von speziellen Kabeln und Steckverbindern für den Umgang mit Hochgeschwindigkeitssignalen und die Verlegung dieser Kabel über und auf der Platine. Damit werden durch Einsparung von Material und geringere Anforderungen bei der Spezifikation von Platinen Kosten eingespart und auch physische Flexibilität bei Hochgeschwindigkeitsverbindungen gewonnen.
Auf der DesignCon führte Samtec eine Flyover-Verbindung mit 112 Gbit/s zwischen einem Credo Pelican II SERDES ASIC und einem Anschluss auf einer Schalttafel vor (Abbildung 2).
Abbildung 2: Bei der Vorführung eines Flyover-Kabels von Samtec auf der DesignCon wurde eine 112 Gbit/s-Kabelverbindung (blau) zwischen einer ASIC und einem Anschluss auf einer Schalttafel hergestellt, die direkt über die darunter liegenden Platinen verlief. (Bildquelle: TechWire International)
Im Zentrum der vorgeführten Flyover-Kabeltechnologie steht die Entwicklung des „Twinax“-Kabels mit geringen Verlusten und geringem Zeitversatz. Dieses hat bei 28 GHz eine um etwa 13 dB geringere Einfügungsdämpfung im Vergleich zu Leiterbahnen auf herkömmlichen Platinen (Abbildung 3).
Abbildung 3: Der Vergleich zwischen dem Kabel von Samtec mit seinen geringen Verlusten und seinem geringem Zeitversatz und Leiterbahnen auf einer herkömmlichen Platine zeigt eine um etwa 13 dB geringere Einfügedämpfung des Twinax-Flyover-Kabels bei 28 GHz. (Bildquelle: Samtec Inc.)
Die hier gezeigten Ergebnisse der Vorführung auf der DesignCon sind eindrucksvoll (Abbildung 4).
Abbildung 4: Die grafische Darstellung der Ergebnisse der Vorführung des Flyover-Kabels zeigt eine Einfügedämpfung von 15 dB bei 28 GHz mit PAM4-Modulation. Die Eye-Höhen liegen alle über 125 mV. (Bildquelle: TechWire International)
Die grafische Darstellung der Ergebnisse der Vorführung des Flyover-Kabels zeigt eine Einfügedämpfung von 15 dB bei 28 GHz mit PAM4-Modulation. Die Eye-Höhen liegen alle über 125 mV, und die Bitfehlerrate des Gesamtsystems liegt bei 7,05e-09 vor der Fehlerkorrektur (FEC). Dies ist um 4 bis 5 Größenordnungen besser als die Spezifikation.
Die Bauart von Flyover-Kabeln
Bei der Vorführung auf der DesignCon wurde ein 30 cm (12 Zoll) langes Twinax-34AWG-Eye-Speed-Kabel mit besonders geringem Zeitversatz verwendet (Abbildung 5). Manchmal ist es nicht nur interessant zu wissen, was etwas tut, sondern auch, wie es funktioniert.
Abbildung 5: Wie auf der DesginCon 2019 vorgeführt wurde, verfügt das Twinax-Kabel von Samtec über viele Merkmale, die die Signalintegrität bis zu 112 Gbit/s sicherstellen. (Bildquelle: Samtec Inc.)
Nach Aussagen von Danny Boesing, dem Produktmarketingleiter von Samtec, kann das Twinax Signale bei einer vorgegebenen Kabelstärke schneller als jedes andere Kabel auf dem Markt übertragen. Vielleicht hat er Recht. Daher hat es mich interessiert, wie das funktioniert.
Einige Merkmale waren zu erwarten, z. B. eine extrudierte Ummantelung für hohe Temperaturen (die Server können sehr heiß werden), eine Sperrschicht aus Metall und darunter eine neuartige Schirmung aus einer Kupferlegierung. Unter der Schirmung sind die beiden leitenden Drähte mit FEP- (Fluorethylen-Propylen) oder PFA-Material (Perfluoralkoxy-Polymer) mit niedriger Dielektrizitätskonstante umschlossen. Eines der Merkmale dieser Materialien ist, dass sie in einem Schmelzprozess verarbeitet werden können.
Aber ein großer Teil des Geheimnisses von Samtec sind die silberplattierten Kupferleiter. Ich kann nicht genau sagen, worum es sich handelt (es ist noch geheim), aber in den Unterlagen des Unternehmens wird ausdrücklich der Begriff „co-extrudiert“ erwähnt, was dem Neugierigen die richtige Richtung weist.
Es ist zwar noch ein Geheimnis, aber manchmal sind Innovationen einfach eine gute Idee, besonders dann, wenn man herausfindet, wie sie funktionieren. Oft besteht das Geheimnis darin, einfach jeder durchführbaren Idee nachzugehen, um das bestmögliche Produkt herzustellen. In diesem Fall sind es zufällig Hochgeschwindigkeitskabel.
Auf der Optical Fiber in Communications (OFC) sind sicher neue FireFly-Ankündigungen von Samtex zu erwarten. Bis dahin finden Sie hier eine Design-Anleitung für FireFly-Anwendungen, die Sie bei den ersten Schritten mit dem Flyover-Konzept im optischen Bereich unterstützt.

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